Das NATO Tiger Meet bietet viel mehr als Jets in aufwendigen Tiger Designs. In Griechenland kamen ca.50 Kampfjets und Helikopter aus über zehn Ländern zusammen. Vom 9. bis 20. Mai 2022 wurde über dem Meer, im Gebirge und im Tiefflug trainiert. Die Luftwaffe beteiligte sich in diesem Jahr nur als Wochenendbesucher.
Nur fünf Wochen nach dem Ende von Iniochos in Andravida war Griechenland erneut Gastgeber einer großen Hochwertübung. Zum ersten Mal hatte man die Ehre Ausrichter des traditionsreichen NATO Tiger Meets (NTM) zu sein. Das erste Tigermeet datiert auf das Jahr 1961 zurück, als sich das 79. Tactical Fighter Squadron der United States Air Force in Europe, die No.74 Squadron der Royal Air Force und die EC 1/12 Squadron der französischen Armée de l’Air in Woodbridge, England trafen. Die 335 MIRA lud die Tiger Staffeln vom 09. bis 20. Mai 2022 zu ihrem jährlichen Treffen auf ihre Heimatbasis nach Araxos im Nordwesten der griechischen Peloponnes- Halbinsel. Der 116. Combat Wing ist die Heimat von zwei F-16 Block 52+ Staffeln. Somit waren auch die Trainingsregion und der Stationierungsort beider Übungen fast gleich. Zwischen Andravida und Araxos liegen nur 30km. Die Abwicklung der umfassenden Organisation wird durch die jeweilige Tigerstaffel des Gastlandes durchgeführt. Zu den größten Herausforderungen bei der Ausrichtung einer Übung dieser Größe zählt die Logistik. Rund 1000 Soldaten waren für zwei Wochen zu Gast, mussten untergebracht und verpflegt werden. Dazu kamen Container mit Material, zu stellende IT – Infrastruktur der Teilnehmer, Wartungsmöglichkeiten und nicht zuletzt Stellplätze für die Flugzeuge. Aus über 10 Nationen reisten die Teilnehmer an und es waren inklusive der Gastgeber ca. 50 Kampfflugzeuge, Aufklärer und Hubschrauber beteiligt. Dazu kamen noch Staffeln als Beobachter ohne Flugzeuge, Wochenendbesucher und externe Einheiten der HAF. Aus Deutschland beteiligte sich das TaktLwG 74 aus Neuburg mit zwei Eurofighter für einen Wochenendbesuch. Das TaktLwG 51 aus Schleswig – Jagel musste mit seinen Tornados im Vorfeld leider absagen. – NTM 2022 Teilnehmer –
Das typische Programm des NTM beginnt mit der Ankunft der Teilnehmer, Briefings, Einweisungsflügen und einer Eröffnungszeremonie, bei der die Flaggen aller teilnehmenden Nationen gehisst werden. Am Wochenende finden die Tiger Games statt, ein Event mit einer Mischung aus Sport und Unterhaltung. Dazu gab es einen Tag der offenen Tür mit einer kleinen Airshow in Araxos. Während der zwei Übungswochen steht jedoch intensiver Flugbetrieb an erster Stelle. In einem simulierten Einsatzszenario werden diverse Typen von Luftfahrzeugen mit unterschiedlichen Aufgaben zusammen eingesetzt. Dazu gehören Jagdbomber, Jagdflugzeuge, Aufklärer ebenso wie Hubschrauber für bewaffnete Luftrettung und Frühwarnflugzeuge. Die Missionen orientierten sich dabei an solchen, wie sie im echten Einsatz vorkommen können. Hauptsächlich Luftoperationen im Verbund, bei denen Ziele am Boden angreifen oder abgeschossene Besatzungen aus dem Feindesland zurückgeholt werden. Insgesamt wurden in den beiden Übungswochen von den Teilnehmern bei ca. 800 Flügen über 1200 Stunden erflogen. Für die komplexe Composite Air Operations (COMAO) Mission am Vormittag sowie die „Shadow Wave“ am Nachmittag boten die Gegebenheiten vor Ort ideale Bedingungen. Griechenland ist der perfekte Ort für Übungen dieser Art. Die großen, reservierten Lufträume erstreckten sich über die Halbinsel Peloponnes, die westlich davon gelegenen Seegebiete des Ionischen Meeres sowie der Ägäis. Dazu kommen nur wenig dicht besiedelten Gebiete, überschaubar konkurrierender ziviler Flugverkehr und das hervorragende Wetter, das die Möglichkeit bietet, in allen Höhen zu fliegen. Die außergewöhnlichen geographischen Bedingungen bieten dazu eine Vielzahl von Geländetypen. So wurde über Wasser, flachem Gelände, Gebirgen und den vielen Inseln der Ägäis geflogen.
Das morgendliche COMAO Szenario bei dem sehr komplexe, verbundene Luftkriegsoperationen mit bis zu 40 Teilnehmern geübt wurden, wird durch den Mission Commander geplant. Im Fokus für das Training steht vor allem die Planung einer derart komplexen Mission mit großer Anzahl an Luftfahrtzeugen in verschiedenen Rollen in multinationalem Umfeld. Jede Mission setzt eine mehrstündige Planung am Vortag voraus, bei welcher der täglich wechselnde Mission Commander seine ihm zur Verfügung stehenden Kräfte optimal ausnutzen soll. Der große Vorteil ist hierbei, dass alle Teilnehmer vor und nach dem eigentlichen Flug am gleichen Ort versammelt sind, um die Briefings direkt zusammen auszuwerten und voneinander zu lernen. Ebenso einzigartig am NTM, dass sich immer dieselben Staffeln und sogar Personen treffen. Dadurch bilden sich über die Jahre enge persönliche Kontakte. In der ersten Übungswoche wurde dabei verstärkt über dem Meer geflogen. Die Darstellung feindlicher Kräfte, die sogenannte „Red Air“ Komponente, stellten die Teilnehmer abwechselnd selbst. Hier unterstütze die HAF mit etlichen F-16 weiterer Staffeln aus Araxos (336) und Larissa (337).
Bei der „Shadow Wave“ am Nachmittag steht das individuelle Training der einzelnen Staffeln im Vordergrund. Tiefflug, Abfang- oder Luftkampfmanöver in kleineren Rahmen (2 vs. 2 oder 4 vs. 4) nach individueller Absprache stehen auf dem Programm. Bei diesen DACT (Dissimilar Air Combat Training) Missionen flogen unterschiedliche Flugzeugtypen gegeneinander, z.B. die italienische Eurofighter gegen spanische F-18. Jede Staffel hatte, sofern beim jeweiligen Flugzeugtyp vorhanden, auch einen Doppelsitzer dabei, um so Piloten der anderen Nationen und Muster auch die Gelegenheit für gegenseitige Mitflüge im jeweils anderen Jet zu ermöglichen. Für einige Ground Crews aus Belgien und der Schweiz gab es Mitflüge in der tschechischen Mi-24.
Das NTM ist eine der qualitativ hochwertigsten Übungen in Europa. Beim NTM wird die nationenübergreifende Zusammenarbeit zwischen fliegenden Staffeln gestärkt. Hinzu kommt der soziale Aspekt, denn zwischen den Staffeln aus verschiedenen Ländern gibt es über Jahre gewachsene persönliche Kontakte, die jedes Jahr aufgefrischt werden. Die Gastgeber waren bei der Abschlusszeremonie mit dem erreichten sehr zufrieden. „Es war eine Ehre für die 335 MIRA, zum ersten Mal Gastgeber des NATO Tigermeet zu sein“, resümierte Oberstleutnant Ntanos Ioannis, kommandierender Offizier der Staffel. „Die Durchführung dieses hochintensiven, gemeinsamen Trainings mit unseren Verbündeten aus verschiedenen Nationen ist unerlässlich, um unsere Fähigkeiten zu verbessern und ein gemeinsames Verständnis für diese komplexen Anforderungen aufzubauen. Das taktische Training, das realistische Szenarien simuliert, ist ein wichtiger Aspekt für die Besatzungen, um ihre Verfahren zu harmonisieren. Nur gemeinsam können wir allen NATO-Partnern die Sicherheit am Himmel gewährleisten“, ergänzte Oberst Petros Sassaris, Kommandant der Basis in Araxos zufrieden.
Ebenfalls am Ende der Übung werden die Auszeichnung verliehen. Die Escadre de Chasse (Jagdstaffel) 3/30 “Lorraine” mit ihren Rafale aus Mont-de-Marsan war der große Gewinner. Die Silver Tiger Trophy für die beste Gesamtleistung, die schönste Uniform und den Preis für die schönste Tigerlackierung gingen nach Frankreich. Im nächsten Jahr wird das NTM dann in Italien bei der 12° Gruppo (Staffel) in Gioia del Colle bei Bari stattfinden. ■
Tiger – Tiger – Tiger!!!
FliegerRevue 08/2022
■ Bilder & Text: Mathias Grägel / GME-AirFoto GbR Mai 2022