Seit der Ausserdienststellung beim JG 74 bay. Neuburg ist das JG 71 im friesischen Wittmund der letzte verbleibende Verband, welcher die F-4F Phantom II in der Luftwaffe einsetzt. Aber auch beim Richthofen – Geschwader neigt sich die Zeit des mit 37 Einsatzjahren dienstältesten Kampfflugzeuges der Luftwaffe dem Ende entgegen. Schon im Jahr 2013 werden die geplant letzten 6 verbleibenden Phantoms die Ära F-4F bei der LW beenden. Momentan verfügt der Verband über ca. 30 Flugzeuge, gegen Ende des Jahres sollen noch 25 und 2012 noch 14 Jäger einsatzbereit sein. Neben dem Flugzeugbestand werden auch die Flugstunden jedes Jahr sinken, von noch 6500h in 2010 wurde in 2011 auf geplante 3000h (1800h in 2012 und 700h in 2013) reduziert. Als Folge der Kürzung werden die Trainingsflüge ohne Zusatztanks geflogen. Dies verringert die Flugdauer der einzelnen Missions auf ca. 40 Minuten, aber die Anzahl an Flugbewegungen und eben Landungen kann bei gleicher Gesamtflugstundenzahl wieder erhöht werden. Ein wichtiger Faktor vor allem für die Ausbildungsaufgaben des Geschwaders. Hier werden die Erstausbildung nach der fliegerischen Grundschulung, die Fluglehrberechtigungs- und Überprüfungslehrberechtigungsausbildung auf dem Waffensystem F-4F Phantom II durchgeführt. Vor kurzem erst haben vier Schüler, darunter die erste F-4F-Pilotin und Jagdfliegerin der Luftwaffe, ihre Ausbildung auf der F-4F abgeschlossen, vier weitere folgen in diesem Jahr zum wohl letzten Ausbildungskurs. Im sogenannten B-Kurs erhalten die Piloten das Type-Rating und die taktische Ausbildung für einen Jagdflieger. Noch rund 50 F-4F Besatzungen sind im JG 71 verfügbar, wovon von jedem Piloten ca. 120h pro Jahr geflogen werden. Die Hauptaufgabe des Geschwader liegt allerdings in der Sicherung der Luftraumes über Deutschland. Dieser wird, auch im Frieden, im Auftrag der NATO durch die Luftwaffe geschützt. Hierzu stellt das JG 71 an 365 Tagen im Jahr zwei Jagdflugzeuge (plus zwei weitere als Reserve), deren Besatzungen und dazugehörige Techniker Dienst in einer 24-Stunden-Schicht verrichten. Diese Alarmrotte (QRA) wird vom Gefechtstand der Luftverteidigung alarmiert und befindet sich innerhalb von 15 Minuten in der Luft. Erst dort wird sie über ihren Auftrag informiert. Zu den dann wahrzunehmenden Aufgaben gehören unter anderem:
Diese Aufgaben werden, ebenso wie die Verlegung auf einen entfernten Fliegerhorst, fortlaufend im Geschwader trainiert und der Ausbildungsstand regelmäßig durch Überprüfungen der NATO nachgewiesen. Einige Eindrücke aus dem Geschwaderalltag:
Beim letzten Kommando des JG71 zum Taktische Ausbildungskommando der Luftwaffe in Italien nach Decimomannu/Sardinen wurden einige F-4F mit Lackierungen am Intake verziehrt. Phianl Deci 2010 – die Intakes wurden zurück in Wittmund ausgebaut und ziehren jetzt die Kantine.
Neben der Luftwaffe nützt die Firma BAE Systems ebenfalls den Flugplatz Wittmundhafen. Inoffiziell bekannt als 713 Dartziel Staffel, fliegt die BAE mit ihren sechs Douglas A-4 Skyhawks Zieldarstellung für die Luftwaffe. BAE Systems A-4N Skyhawk – the Scooters.
Der Nachtflug ist ein essenzieller Teil des Trainings der Luftwaffe Piloten und Groundcrews. Für die QRA – Stellung muss das Waffensystem F-4F Phantom 24h am Tag einsatztauglich sein, dazu zählt eben auch die Anforderung an die Einsatzbereitschaft bei Nacht. Neben den Landeanflügen bei Nacht werden auch taktische Luftkampfszenarien, wie eine 2 gegen 1 Intercept Mission an diesem Abend, geübt.
Die Zukunft, sowohl des Geschwaders als auch des Standortes Wittmundhafen, sind momentan leider ungewiss. Es sollen zwar die ersten Eurofighter für das JG71 2012 auf dem Fliegerhorst Wittmund aufsetzen, aber von der anstehenden Bundeswehrreform wird auch die Luftwaffe betroffen sein. Aufgrund der Sparmaßnahmen werden definitiv Geschwader aufgelöst und Standorte geschlossen. Welche Auswirkungen dies auf das JG71 und Wittmund hat ist momentan absolut offen. Alles ist möglich. Es bleibt zu hoffen, dass das Traditionsgeschwader und auch der Standort Wittmund erhalten bleiben. Die Nähe zu den idealen Trainingsbedinungen über der Nordsee spricht zumindest in Zeiten von steigenden Fluglärmprotesten über dem dichtbesiedeltem Deutschland für den Flugplatz Wittmund.Die charakteristischen Rauchfahnen und die unverwechselbare Silhouette der Phantom werden aber auf jeden Fall leider bald Geschichte sein.
Ein ganz herzlicher Dank an das JG71, speziell der Presse – und Öffentlichkeitsarbeit und der 712 Staffel, sowie dem PIZ der Luftwaffe für die großartige Unterstützung bei der Realisierung dieses Artikels.
Text: © Mathias Grägel & Luftwaffe
Bilder: © Charly & Mathias Grägel / GME-AirFoto November 2010 – März 2011