Die griechische Luftwaffe veranstaltete auch in 2024 ihre alljährige Hochwertübung INIOCHOS mit internationaler Beteiligung. Auf dem Luftwaffenstützpunkt in Andravida fanden sich inkl. der Gastgeber Luftfahrzeuge aus acht Nationen ein. Unter Führung der ansässigen Waffenschule wurde das gesamte Spektrum moderner Luftkampfmissionen geübt. Ihre Übungspremiere feierten Montenegro, Rumänien und Qatar. In den Canyons der Peloponnes wurde intensiv der Tiefflug trainiert.
Im Nordwesten der griechischen Peloponnes – Halbinsel ist der 117. Combat Wing auf der Luftwaffenbasis Andravida beheimatet. Neben der 338. MIRA „Aris“ mit ihren McDonnell Douglas F-4E AUP Phantom II ist hier auch das Taktikzentrum der griechischen Luftwaffe (HAF Air Tactics Center), in welches wiederum die Waffenschule integriert ist, stationiert. Unter deren Federführung fand vom 08. – 18. April die jährliche Großübung Iniochos statt. Ab dem 01. April startete die Verlegung der Teilnehmer nach Griechenland. Iniochos wurde bereits in den 1980´er Jahren zum ersten Mal in rein nationalen Rahmen durchgeführt und entwickelte sich seitdem sukzessive weiter. Ab 2015 wurden auch geladene internationale Gäste integriert. Mittlerweile hat sich die jährliche Übung mehr als etabliert.
Beim Blick auf die Teilnehmerliste 2024 stach erst einmal ins Auge, welche Nation auf dieser fehlte. Griechenlands starker Partner und sonst fixer Teilnehmer Israel musste aufgrund der aktuellen Situation im Nahen Osten absagen. Gleiches galt ebenso für die geplante Teilnahme Jordaniens (F-16). Auch die USA verlegten dieses Jahr keine Jets nach Andravida. Sie nahmen aber mit F-16, von ihrer Homebase Aviano aus operierend, in wesentlich kleinerem Umfang teil. Gleiches galt auch für die Briten, die mit Eurofightern von RAF Akrotiri auf Zypern aus flogen. Vom internationalen Flughafen Eleftherios Venizelos in Athen aus unterstützte eine USAF KC-135 für die Luftbetankung. Die weiteren Teilnehmer verlegten aus Frankreich, Rumänien, Montenegro, Qatar, Saudi-Arabien, Spanien und Zypern nach Andravida. Die französische Marine schickte sechs Rafale M der 12F und Spanien war wie im Vorjahr mit vier EF-18A+ Hornets der ALA46 aus Gran Canaria vertreten. Von der King Fahd Al-Jawha Base aus Saudi-Arabien wurden sechs Eurofighter Typhoon nach Griechenland verlegt. Ihre Premiere bei Iniochos feierten Rumänien und Qatar mit ihren F-16 (3x) bzw. Rafale (5x). Eine französische E-3F unterstützte wie etliche griechische Marine und Heereseinheiten. Der jeweils einzelne AW139 / Bell 412 Hubschrauber aus Zypern (nur erste Woche) / Montenegro flog meist in den CSAR Missionen. Deutschland nahm als Beobachter teil, während Österreich und Portugal mit „Intelligence and Special Forces“ an der Übung teilnahmen.
Den Großteil der fliegenden Kräfte stellen traditionell die Gastgeber selbst. Neben den in Andravida stationierten F-4E Phantom ll nahmen alle aktiven Muster der HAF teil. Insgesamt rund 40 Kampfflugzeuge der Typen Dassault Mirage 2000-5, Dassault Rafale, Lockheed C-130H Hercules, Embraer 145H und natürlich eine große Anzahl F-16. Griechenland hat vier Geschwader mit insgesamt acht Staffeln in Araxos, Larissa, Souda / Chania (Kreta) und Nea Anchialos mit verschiedensten F-16 Varianten (Block 30, Block 50, Block 52+) ausgerüstet. Gleich fünf davon (330, 335, 336, 343, 347) verlegten (i.d.R. vier) Flugzeuge nach Andravida. Weitere F-16 flogen von ihren Heimatbasen u.a. für die Red Air Rolle. Die 332 MIRA verlegte ebenfalls vier der neuen Rafale von Tanagra nach Andravida.
Im Vorfeld der Übung hatte der griechische Verteidigungsminister Nikos Dendias in einem Fernsehinterview verkündet, dass die Luftwaffe im Rahmen eines großen Reformplanes ihre alten Typen abstoßen soll. Ziel ist den aktuellen Typen Mix zu reduzieren und vereinheitlichen. Im Fokus stehen die 50 Jahre alten F-4E Phantom, die nicht modernisierten F-16 Block 30 (aus 1989 von der 330 MIRA) sowie die Mirage 2000-5. Wenn möglich will man die Systeme verkaufen. Indien zeigte schon Interesse am Kauf der noch jungen und modernen Mirage 2000-5. Mit den gewonnen finanziellen Mitteln plant die HAF weitere vier Rafale zu beschaffen um die Flotte auf 30 zu steigern. Darüber hinaus ist natürlich die Beschaffung der F-35 auf dem Plan. Im Januar stimmte das U.S. State Department schon dem potenziellen Verkauf von 40 F-35 an Griechenland zu. Bei der F-16 Flotte läuft momentan das Upgrade der 84 neuesten Jets (Block50/52+) auf den Block 70/72 oder F-16V Standard.
Das große Übungsgebiet erstreckte sich dabei über die Halbinsel Peloponnes, das griechische Festland, die westlich davon gelegenen Seegebiete des Ionischen Meeres sowie der Ägäis. Die außergewöhnlichen geographischen Bedingungen in Griechenland, welche große Lufträume und eine Vielzahl von Geländetypen bieten, wurde intensiv genutzt. So wurde über Wasser, flachem Gelände, Gebirgen und den vielen Inseln der Ägäis geflogen. Vor allem der Tiefflug wurde in den Tälern der Peloponnes intensiv geübt. Den Teilnehmern wurde ein vollständig simulierter Kriegsschauplatz zur Verfügung gestellt, inklusive der Nutzung der Schießplätze in Chrisoupolis und Kastellorizo mit scharfer Munition. Insgesamt wurden in zwei Wochen von den Teilnehmern 1027 Missionen in der „Athen FIR“ geflogen. Diese verteilten sich auf vier Wellen pro Tag mit bis zu 25 Jets je Welle. Ein umfangreicher Teil der Übung bestand aus den täglichen Nachtflugmissionen mit Flugbetrieb bis Mitternacht.
Das Hauptziel der Übung besteht darin ein maximal realistisches, operationelles Training anzubieten. Die Übung „INIOCHOS 24“ bietet den Teilnehmern eine einzigartige Gelegenheit, komplexe Missionen zu fliegen, die speziell darauf ausgelegt sind, die Interoperabilität zu verbessern und die Kampfbereitschaft zu erhöhen, sagte Generalleutnant Dimosthenis Grigoriadis, Chef des Generalstabs der griechischen Luftwaffe. Das Einsatzszenario soll dabei eine simulierte aber hochgradige und mehrfache Bedrohungslage beinhalten. Das gesamte Spektrum moderner Luftkriegsoperationen wurde abgedeckt und umfasste dabei die komplette Brandbreite heutiger Luftkriegsaufgaben: von klassischer Luftverteidigung und Herstellung der Lufthoheit über den Schutz von eigenen Luftfahrzeugen oder Konvois am Boden, Luftaufklärung, Combat Search and Rescue, bis hin zu konventionell und Laser/GPS-gelenkten Präzisionsangriffen auf starre wie bewegliche Boden- und Seeziele. Das Training in der Planung und Durchführung der schwierigen Combined Air Operations (COMAOs) in dieser anspruchsvollen Umgebung ist vor allem für noch unerfahrenere Besatzungen gedacht. Ein besonderer Schwerpunkt lag in diesem Jahr auf der Nutzung von Simulation. Es wurden die taktischen F-16-Simulatoren des neu gegründeten Synthetic Training Squadron (STS) der HAF für eine Reihe von Missionen eingesetzt, wodurch Iniochos erstmalig in die virtuelle Welt expandierte.
Iniochos entwickelt sich stetig weiter zu einer der wichtigsten Übungen dieser Art im Mittelmeerraum. Wie üblich kamen keine detaillierten Ergebnisse an die Öffentlichkeit, aber alle Teilnehmer lobten den hohen Grad an Realismus der Szenarien und die Vielzahl anspruchsvoller Echtzeitbedrohungen. Der Pilot und Kontingentführer des saudischen Kontingents Lt. Col. Abdulaziz Al-Harbi erläuterte, dass eine monatelange Vorbereitung dazu geführt habe, alle geplanten Ziele auf allen Ebenen zu erreichen. Er lobte die Bemühungen seiner saudischen Soldaten, die „große Professionalität und hohe Einsatzbereitschaft bewiesen“ hätten.
Interessant wird die Zukunft sowohl von Iniochos als auch der Basis in Andravida. Das Ende der Phantom ist gesetzt und nahe. Ein griechischer F-4 Pilot kommentierte die Frage nach einem Datum der Ausmusterung mit: „every year is our last year for years now.“ Der Stützpunkt ist ähnlich alt und technisch obsolet wie die Phantoms, die er beherbergt. Für die neuen F-35 muss kräftig modernisiert werden. Die Basis soll im Prinzip von Grund auf neu gebaut werden. Neue Runways, Wartungshallen, Unterstände und Gebäude stehen auf der langen Liste an Maßnahmen. Luftwaffenchef Grigoriadis erläuterte, dass die Planungen dafür stehen und wohl im Sommer die Verträge unterzeichnet werden. Geplant soll alles bis 2029 fertig gestellt werden. Mit den ersten F-35 auf griechischem Boden wird momentan ab 2030 gerechnet. Schon ab Anfang kommenden Jahres könnte bzw. muss Andravida wohl für den großen Umbau geschlossen werden. Die Phantoms sollen laut Gerüchten, die Grigoriadis nicht bestätigen wollte, nach Larissa verlegt werden. Die ehemalige RF-4 Base mit momentan nur einer stationierten F-16 Staffel bietet sich an. Wie lange die F-4E Phantoms dort noch fliegen werden, ist schwer zu beurteilen. Das Zeitfenster 2026/27 wurde jedoch öfters genannt.
Auch für Iniochos wird es mit der Schließung von Andravida Änderungen geben. Szenarien gibt es viele. Möglich wäre eine Pause der Übung, ähnlich wie bei Anatolien Eagle (ebenfalls Umbauarbeiten in Konya) in diesem Jahr. Die ansässige Waffenschule organisiert, steuert und führt von Andradvia aus die Übung durch. Geflogen wird aber vom nur wenige km entfernten Platz in Araxos. Oder die Teilnehmer fliegen von ihren nationalen- wie internationalen Heimatplätzen wie es in kleinem Umfang schon bei dieser Ausgabe praktiziert wurde. ■
■ Bilder & Text: Mathias Grägel / GME-AirFoto GbR April 2024