Trotz aller Widrigkeiten mit dem in die Jahre gekommenen Sea King stellt das Marinefliegergeschwaders 5 rund um die Uhr eine SAR Bereitschaft. Ob bei Flugzeug- oder Schiffsunglücken, der Vermisstensuche oder regelmäßige Krankentransporte, die Hilfe aus der Luft ist vom Anfang bis heute eine Erfolgsgeschichte der Marineflieger.
Die Deutsche Marine übernimmt für die deutschen Hoheitsgewässer den militärischen Such- und Rettungsdienst für Luft- und Seenotfälle. Das Suchen und Retten bei Flugzeug- oder Schiffsunglücken ist die Kernaufgabe im SAR-Dienst, jedoch sind auch regelmäßige Krankentransporte im heutigen Aufgabenspektrum. Gerade der schnelle Transport von medizinisch zu versorgenden Patienten bei schlechtem Wetter von den kleinen Inseln der Nord- und Ostsee ans Festland ist mittlerweile der Haupteinsatzzweck der SAR. Die Alarmierung der Hubschrauber erfolgt über das „Rescue Coordination Center“ in Glücksburg. Für den SAR – Dienst kommt schon seit 1974 ausschließlich der Westland SeaKing MK 41 zum Einsatz. Alle 21 SeaKings der Marine sind beim Marinefliegergeschwader 5 in Nordholz bei Cuxhaven, seit 2012 Heimat aller Marineflieger, stationiert. Der in die Jahre gekommene SeaKing leistet auch heute noch gute Dienste. Mit einem Abfluggewicht von über 9 Tonnen, einer Höchstgeschwindigkeit von 250 km/h, dem schwimmenden Rumpf in Bootsform und einer maximalen Flugzeit von 5:30 Stunden ist er prädestiniert für die SAR – Rolle über See. Ausgestattet mit einem Radargerät, einer immer wieder modernisierten Avionik, die u.a. Blindflugbetrieb zulässt und einer Flugregelanlage, die den Hubschrauber über See in einen automatischen Schwebeflug bringt, ist er das Seenotrettungsmittel aus Luft schlechthin. Geflogen werden die über 40 Jahren alten Hubschrauber von einer vierköpfigen Besatzung: zwei Piloten, einem Luftfahrzeugoperationsoffizier (LOPO) und einem zum Luftretter ausgebildeten Bordmechaniker. Des Weiteren ist er als SAR Hubschrauber konfiguriert mit einem Beatmungsgerät, Rettungskorb, Defibrillator und Kardioskop ausgestattet und kann bis zu 6 Tragen oder 18 sitzende Passagiere oder aber auch 2 Inkubatoren aufnehmen. Im Bedarfsfall ist genügend Platz, um einen Notarzt mit aufnehmen zu können. Aufgrund seiner Leistungen und der enormen Erfahrung ist der Hubschrauber trotz des hohen Alters sehr beliebt bei seinen Besatzungen. Der Wartungsaufwand hingegen ist mittlerweile um ein Vielfaches angestiegen. Die schlechte Versorgungslage bei den Ersatzteilen tut ein Übriges zum teilweise sehr niedrigen Klarstand. Aufgrund der Bedeutung der SAR – Aufgabe, hat der SAR – Dienst immer höchste Priorität bei der Zuteilung von Luftfahrzeugen und wird bevorzugt behandelt. Eine Maschine ist 24h/7Tage die Woche flugklar und für die SAR bereitgestellt.
Marineflieger auf Helgoland
Die SAR-Stützpunkte existieren in Nordholz, Warnemünde und auf der Nordseeinsel Helgoland. Ein SAR-Stützpunkt auf der ostfriesischen Insel Borkum war früher ständig besetzt, ist aber seit vielen Jahren nicht mehr als SAR-Stützpunkt in das Netz der Rettungsstationen integriert. Mit wie vielen Hubschraubern die Marine diesen Dienst von welchen Standorten aus leistet, obliegt dabei der Einschätzung der Marine. Derzeit leistet die Marine diesen Dienst aufgrund der geringen Verfügbarkeit der SeaKing ausschließlich von der Außenstelle auf Helgoland. Die Wahl für Helgoland ist dem geographischen Bedarf an Rettungseinsätzen und der Einsatzwahrscheinlichkeit geschuldet. Im Fall eines Großeinsatzes können kurzfristig weitere Hubschrauber eingesetzt werden. Auch die Kooperation mit den Nachbarstaaten Dänemark, Polen, Niederlande wird häufig praktiziert. Jede Bereitschaftswoche beginnt immer Dienstagmorgens. Für die vier Soldaten der Hubschrauberbesatzung, sowie zwei Techniker, heißt es dann sieben Tage für jeden möglichen Einsatz startklar zu sein. Dazu haben sie am Tag 15 Minuten und in der Nacht eine Stunde Zeit. Aufgrund der zentralen Lage in der Nordsee, ist die Hochseeinsel der ideale Ausgangspunkt für den SAR Dienst. Mitten in der deutschen Bucht bietet es kurze Anflugwege innerhalb des ganzen Gebietes in der Nordsee. Die Distanzen in ebenfalls unter Verantwortung stehende Ostsee sind jedoch sehr groß. Bei Bedarf kann die SAR auch nach Nordholz verlegt werden, was einen kürzen Anflug nach Osten bedeutet. Neben den Einsätzen werden während der Bereitschaft auch Übungsflüge durchgeführt, oft im Verbund mit Schiffen der Marine.
Faktor Wetter
In der Marine gilt der Grundsatz: „SAR breaks all rules“. Wenn für zivile Flieger und Rettungshubschrauber die Wetterbedingungen zu schlecht sind und rechtliche Auflagen einen Flug verhindern, kann der SeaKing und auch bei schlechtestem Wetter noch starten. Schlechte Sicht, starker Wind und auch tiefe Wolkenuntergrenzen sind für die hervorragend ausgebildete Crew im Ernstfall kein Hindernis. Die Besatzungen der SAR-Hubschrauber dürfen in solchen Fällen von den zulässigen Wetterbedingungen abweichen. Die Entscheidung, ob der Flug angetreten wird oder nicht, obliegt einzig der Verantwortung des verantwortlichen Hubschrauberführers. Auf den Punkt gebracht bedeutet das: Wenn die Umstände so widrig sind, dass kein anderer mehr helfen kann oder darf, dann kommt die Marine mit ihren Seenotrettungshubschraubern. Und das seit mehr als 60 Jahren!
Zukunft NH90 NTH „Sea Lion“
Die Zeit des SeaKings neigt sich allerdings dem Ende entgegen, nur noch bis maximal 2020 kann er im Dienst bleiben. Die Marine benötigt zum Erhalt ihrer Fähigkeiten deshalb dringend Ersatz für das in die Jahre gekommene System. Es sind vor allem die Wartungs- und Instandhaltungskosten für den SeaKing stark gestiegen. Die Nachfolge ist nach langer Ungewissheit seit März dieses Jahres geklärt. Der Haushalts- und Verteidigungsausschuss des Bundestages hat mit der Neuanschaffung von 168 Hubschraubern (NH90 und Tiger für Heer und Marine) von der AIRBUS Tochter AIRBUS HELICOPTERS für die Bundeswehr die notwendigen Gelder für die Beschaffung freigegeben. Der sogenannte „Global Deal“ hat einen Umfang von 8,7 Millarden Euro und beinhaltet auch 18 NH90 NFH „Sea Lion“ für die Deutsche Marine. Dieser kann als Bordhubschrauber für den Einsatzgruppenversorger, als Mittel für den Such- und Rettungsdienst und zusätzlich zur Unterstützung für maritime Spezialkräfte genutzt werden. In den Niederlanden und Frankreich steht der NH90 NFH bereits im Dienst. Der „Sea Lion“ wird voraussichtlich ab Ende 2018 in die Marine eingeführt und soll dann auch die Nachfolge des SeaKings im SAR – Dienst antreten und diese Erfolgsgeschichte der Marineflieger weiterführen. ■
FliegerRevue 07/2015
Ein ganz herzlicher Dank an die entsprechenden Beteiligten des Marinefliegergeschwaders 5, Oberleutnant zur See Lydia Knaak, Kapitänleutnant Fabian Jahr sowie der Presse – und Öffentlichkeitsarbeit / PIZ Marinekommando – Außenstelle Nordholz.
Text: © Mathias Grägel
Bilder: © Mathias Grägel / GME-AirFoto Oktober 2014