In den Niederlanden fanden im April zwei multinationale NATO Hochwertübungen simultan statt. Die Vliegbasis Leeuwarden im Norden des Landes war Gastgeber von „Frisian Flag“, an der wieder rund 70 Kampfflugzeuge aus neun Nationen teilnahmen. Zur Untersützung der Fighter operierten von Eindhoven aus die teilnehmenden Tankflugzeuge des vom European Air Transport Command (EATC) organisierten European Air Refuelling Training EART. Tanker aus vier Nationen trainierten Luftbetankungsoperationen.
“Welcome to Fighter Town Leeuwarden” – vom 11. – 22. April fand die jährliche Hochwertübung Frisian Flag auf der Vliegbasis Leeuwarden in Friesland statt. Organisiert von der 322. Staffel war sie mit neun teilnehmenden Nationen und über 70 Luftfahrzeugen eine der größten Übungen des Jahres in Westeuropa. Geflogen wurde in den Lufträumen über den Niederlanden, Deutschland und Dänemark, hauptsächlich über der Nordsee. Oberst Denny ‘Trash’ Traas, Base Commander Leeuwarden Air Base, erklärt den Bedarf für eine Übung dieser Art aus strategischer Sicht: „Die globalen Entwicklungen der letzten Jahre zeigen, dass einsatzbereite, gut ausgebildete Luftwaffen für jeden Staat unabdingbar sind. Der Westen war und ist dauernd in militärische Operationen involviert und in jeder haben die Luftstreifkräfte die signifikante Rolle gespielt. Dies bedeutet wir benötigen für diese Einsätze hervorragend vorbereitetes Personal. Ein weiterer Trend ist, das wir ohne Ausnahme in Koalitionen operieren. Ein Staat tritt kaum mehr allein in einen Konflikt ein. Natürlich haben wir im Westen die NATO als Bündnis, aber die letzten Einsätze (bspw. Libyen) haben gezeigt, dass wir in den Koalitionen auf weitere, oftmals nicht-NATO Partner treffen (z.B. Coalitions of the willing)“. Diese Szenarien bringen neue Herausforderungen mit sich. Oberst Traas ist sich dessen bewusst: „Bei den jüngsten Einsätzen in Afghanistan, Libyen oder aktuell im Irak/Syrien mussten wir innerhalb weniger Tage verlegen. Das bedeutet wir müssen zu jeder Zeit für Einsätze in der ganzen Welt bereit sein, teilweise mit uns wenig bekannten Partnern operieren und dabei einen hohen Standard erfüllen. Bei einem CAS – Einsatz in Syrien bspw. ist das Ziel keine Kollateralschäden (der Zivilbevölkerung) oder Verluste auf unseren Seiten zu haben. Hohe Anforderungen werden an die Crews gestellt und diese stellen die Luftwaffen auch an ihr Training. Aus diesem Grund ist Frisian Flag so wertvoll, wir bieten ein Hochwerttraining wie es in Europa nur selten verfügbar ist!“
Das Hauptziel von Frisian Flag ist es große Combined Air Operation (COMAO) in realistischen Szenarien gemeinsam zu planen, fliegen und im Anschluss zu analysieren. Jede Mission setzt eine rund 6-stündige Planung voraus, bei welcher der Mission Commander seine ihm zur Verfügung stehenden Kräfte optimal verplant. Dies kann zum Beispiel ein Szenario sein, bei dem Leeuwarden vor angreifenden Einheiten aus dem Norden geschützen werden muss oder der Begleitschutz eines Slow Movers, z.B. eine RNAF C-130H, die Fallschirmspringer an einem bestimmten Punkt absetzt. Geflogen wurden sowohl offensive (Air Interdiction, Air Superiority (Sweep/Escort), Suppression of Enemy Air Defence (SEAD) oder die Bekämpfung von Zielen via Joint Tactical Air Controllers) wie defensive (Schutz von Objekten am Boden, Slow Movern) Missionen bzw. eine Kombination aus beiden.
Pro Tag wurden zwei Missionen mit ca. 45 Jets und weiterer Unterstützung durch NATO E-3A Sentry AWACS, elektronischen Störern, Royal Netherlands AF Einheiten und etlichen Bodeneinheiten (SAM) geflogen. Als ‚Red Air‘ (Darstellung feindlicher Kräfte / Bedrohungen durch potentielle Gegner) fungierten während der gesamten Übung die Teilnehmer selbst. Bei den Missionen waren die Kräfte etwa 70/30 (Blue/Red Air) aufgeteilt. Die Red Air Darsteller waren dabei die ersten in der Luft um sich nach einer Luftbetankung für das jeweilige Szenario zu positionieren. Nach rund 1,5h Flugzeit kehrten die Jets wieder nach Leeuwarden zurück, wobei eine Start- oder Landephase bis zu 45 Minuten dauerte.
Frisian Flag 2016 Teilnehmer & Rollen:
Der gesteigerte Bedarf an dieser Art von Übung wurde durch die große Teilnehmerzahl deutlich. Es war eine der größten Frisian Flag Übungen, die schon seit 1992 stattfindet. Auch die US Air Force war in diesem Jahr wieder mit dabei und brachte zwei F-15 Eagle ANG (Air National Guard) Einheiten als Teil des Theatre Security Package (TSP) von den Staaten nach Europa. Die Luftwaffe war mit 10 Eurofightern des TaktLwG 31 aus Nörvenich bereits zum fünften mal in Friesland vertreten. Sie absolvierten während der Übung 147 Missionen und waren dabei 226 Stunden in der Luft. Dazu kamen 160 Soldaten und zivile Mitarbeiter und rund 60 Container voll mit Material. Bezüglich der Zukunft von Frisian Flag zeigte sich Oberst Traas optimistisch: „Frisian Flag bietet gerade den europäischen Teilnehmern zu relativ günstigen Kosten ein fokussiertes Hochwerttraining abgestimmt auf ihre Bedürfnisse. Die kommende Einführung der F-35A Lightning II (bei der RNAF) wird Frisian Flag ohne Zweifel beeinflussen. Aber es gibt keine Gründe die Übung nicht fortzusetzen. Während der Zeit des Umstiegs auf die F-35 könnte es zu 1-2 Unterbrechungen im jährlichen Rhythmus kommen. Der Bedarf für Übung dieser Qualität ist jedoch hoch wie nie und nur wenn wir zusammen trainieren, können wir auch zusammen operieren. Das ist das Motto von Frisian Flag, das ist was es ausmacht!“▪
„If we operate together, we need to train together. That’s our motto, that’s what Frisian Flag does!“
Oberst Denny ‘Trash’ Traas, Base Commander Leeuwarden Air Base
In diesem Jahr fand das vom European Air Transport Command (EATC, Europäisches Lufttransportkommando) jährlich ausgetragene European Air Refuelling Training (EART, Europäisches Luftbetankungstraining) bereits zum dritten Mal statt. Vom 11. bis 22. April 2016 flogen die vier teilnehmenden Nationen ihre Einsätze von der Luftwaffenbasis Eindhoven. Neben einer in Eindhoven stationierten McDonnell Douglas KDC-10 der niederländischen Luftwaffe waren jeweils eine französische Boeing C-135FR, italienische Boeing KC-767A (nur in der ersten Woche) und die Flugbereitschaft BMVg der Luftwaffe mit dem Airbus A310 MRTT (Multi Role Transport Tanker) vertreten. Der Airbus MRTT operierte bis auf wenige Missionen direkt von seiner Heimatbasis Köln – Bonn aus. Die USA nahmen mit einem Kontingent an Beobachtern teil.
Die Übung unterstützt die parallel in Leeuwarden stattfindende NATO Hochwertübung Frisian Flag. Sie ist aber eine eigenständige und die momentan einzige multinationale Luftbetankungsübungen dieser Art in Europa. „Wir sind beide voneinander abhängig. Die Kampfjets benötigen Tankerunterstützung für ihre komplexen Frisian Flag Szenarien. Wir benötigen Abnehmer um unsere Besatzungen zu trainieren. Die Übungen simultan durchzuführen ergibt den maximalen Nutzen für beide Seiten“, erkläre der stellvertretende Übungsdirektor Oberst Jurgen van der Biezen. Das primäre Ziel von EART ist es den Tanker – Besatzungen der EATC Nationen eine realistische Trainingsmöglichkeit im multinationalen Umfeld bei komplexen Szenarien zu ermöglichen. Vor allem die gemeinsame Planung steht im Vordergrund. „Bei EART haben wir die Möglichkeit gemeinsam zu planen und zu fliegen. Das umfasst neben den normalen Tankeinsätzen beispielsweise auch den Formationsflug mit anderen Tankern oder das Üben von Verfahren mit optischen Signalen ohne den Einsatz von Funk. Wichtig ist der direkte Kontakt zu anderen Nationen. Man lernt sich kennen und hat einen unmittelbaren Erfahrungsaustausch was verschiedene Einsatzverfahren betrifft. All das fördert die Effektivität bei den heute immer mehr werdenden internationalen Einsätzen und Aufträgen“, so der niederländische Oberst weiter.
Jeden Tag flogen die Tanker zwei Missionen, wobei die Schwierigkeit laufend gesteigert wurde. Geflogen wurde in den großen Lufträumen über der Nordsee, welche ebenfalls gemeinsam mit dem Frisian Flag Teilnehmern genutzt wurden. Entsprechend aufwendig auch hier die koordinierenden Planungen, bei bis zu 70 Luftfahrtzeugen. Eine große Herausforderung für die Wartungsmannschaften war die Tanker innerhalb kürzester Zeit wieder für den nächsten Flug vorzubereiten. „Die Turnaround Zeiten (Zeit zwischen Landung und nächstem Start) betrugen nur ca. 60 Minuten. Neben den Trainingsflügen gab es in diesem Jahr auch einen erweiterten Theorieunterricht. Das ausrichtende EATC ist eine multinationale Kommandobehörde der französischen, niederländischen, belgischen, deutschen, spanischen, luxemburgischen und italienischen Luftstreitkräfte in Eindhoven. Seine Hauptaufgabe ist die Koordination und operationelle Führung der Lufttransport- und Luftbetankungskräfte sowie der AirMedEvac (Medizinische Evakuierungs)-Einsätze der beteiligten Staaten.▪
FliegerRevue 07/2016
Ein ganz herzlicher Dank an die entsprechenden Beteiligten der Pressestelle des EATC.
Text & Bilder: © Mathias Grägel / GME-AirFoto GbR – Mai 2016