Die griechische Luftwaffe veranstaltete heuer ihre langjährige Großübung INIOCHOS zum vierten Mal mit internationaler Beteiligung. Auf dem Luftwaffenstützpunkt in Andravida fanden sich ca. 80 Flugzeuge aus sieben Nationen ein. Unter Führung der ansässigen Waffenschule wurde ein breites Spektrum an Missionen geübt. Die griechische Luftwaffe möchte INIOCHOS zu einer der wichtigsten europäischen Luftwaffenübungen ausbauen.
Im Nordwesten der griechischen Peloponnes- Halbinsel ist der 117. Combat Wing auf der Luftwaffenbasis Andravida beheimatet. Neben der 338. MIRA „Aris“ mit ihren McDonnell Douglas F-4E AUP Phantom II ist hier das HAF Air Tactics Center mitsamt der Waffenschule stationiert. Unter Federführung der Waffenschule fand vom 12. – 23. März die vierte internationale Ausgabe der Großübung INIOCHOS statt. INIOCHOS wurde bereits in den 1980´er Jahren zum ersten Mal in nationalem Rahmen durchgeführt und seitdem sukzessive weiter aufgebaut. Seit 2015 sind auch geladene Gäste aus dem Ausland beteiligt. In diesem Jahr war es mit rund 80 Flugzeugen die bislang größte Ausgabe. Das Motto 2018 lautete “Act with Awareness”. Die geladenen internationalen Teilnehmer kamen aus Israel, Italien, Zypern, Vereinigte Arabische Emirate, Großbritannien und den USA. Ägypten schickte dazu noch Beobachter und ist Interessiert an einer zukünftigen Teilnahme. Die USAF Europe entsandte 13 F-15E aus dem britischen Lakenheath, Italien schickte sechs Tornado IDS, Großbritannien sechs Eurofighter, UAE sechs Mirage 2000-9 und vier F-16C Block 30 wurden aus Israel von der Ramat David Air Base nach Griechenland verlegt. Eine E-3A AWACS der NATO unterstützte von der der Basis Preveza, eine vorgeschobene AWACS Basis an der griechischen Westküste. Der einzelne AW139 Hubschrauber aus Zypern flog meist CSAR Missionen in der ersten Woche. Den Großteil der fliegenden Kräfte stellte logischerweise der Gastgeber selbst, insgesamt 45 Kampfflugzeuge. Neben den in Andravida stationierten F-4E Phantom ll nahmen u.a. auch Dassault Mirage 2000, Lockheed C-130H Hercules, Embraer 145H (AEW) und natürlich eine große Anzahl F-16 teil. Die Lockheed Martin F-16 Fighting Falcon ist seit einigen Jahrzehnten der Rückhalt der griechischen Luftverteidigung. Gleich vier Geschwader mit insgesamt acht Staffeln sind in Araxos, Larissa, Souda / Chania (Kreta) und Nea Anchialos mit verschiedensten F-16C / D-Varianten (Block 30, Block 50, Block 52+ und Block 52M) ausgerüstet. Alle F-16 Staffeln verlegten (i.d.R. vier) Flugzeuge nach Andravida. Das große Übungsgebiet erstreckte sich dabei über die Halbinsel Peloponnes, die westlich davon gelegenen Seegebiete des Ionischen Meeres sowie der Ägäis. Oberst Antonios Panidis, Kommandant des Taktikzentrums wies auf die außergewöhnlichen geographischen Bedingungen in Griechenland hin, welche große Lufträume und eine Vielzahl von Geländetypen bietet. So wurde über Wasser, flachem Gelände, Gebirgen und den vielen Inseln der Ägäis geflogen. Den Teilnehmern wurde ein vollständig simulierter Kriegsschauplatz zur Verfügung gestellt, inklusive der Nutzung der Schießplätze in Chrisoupolis und Kastellorizo mit scharfer Munition. Im gleichen Zeitraum fanden parallel die Manöver „ASTRAPI“ der griechischen Marine und die Heeresübung „POLOFIMOS“ statt. Beide Übungen wurden in Iniochos integriert. Insgesamt wurden in den an neuen Übungstagen von den Teilnehmern über 1000 Missionen geflogen.
Für die griechische Luftwaffe bestand das Hauptziel der Übung darin, ein realistisches operationelles Training unter Bedingungen anzubieten, die einer komplexen Einsatzumgebung mit hoher Bedrohungslage unterschiedlichster Art ähneln. Das gesamte Spektrum von Luftoperationen sollte abgedeckt werden und um die Einsatzbereitschaft der Luftwaffe zu maximieren und die neuen Taktiken zu trainieren. Die geübten Missionen umfassten dabei die komplette Brandbreite heutiger Luftkriegsaufgaben. Von klassischer Luftverteidigung und Herstellung der Lufthoheit über den Schutz von eigenen Luftfahrzeugen oder Konvois am Boden, die simulierte Durchführung von Luftnahunterstützung für Bodentruppen, die Unterdrückung der feindlichen Luftverteidigung (SEAD), Luftaufklärung, Combat Search and Rescue, bis hin zu konventionell und Laser/GPS-gelenkten Präzisionsangriffen auf Boden- und Seeziele. Während Iniochos wurden die Jets klassisch in eine BLUE AIR und eine RED AIR aufgeteilt. Die Feinddarstellung durch die RED AIR wurde weitestgehend durch die HAF selbst gestellt. Vor allem für die anderen Teilnehmernationen ein großer Vorteil, da sie keine wertvollen Ausbildungsflüge dadurch verloren. Die erfahrenen Fluglehrer der Waffenschule wurden hier mit F-16 der 330 and 337 MIRA eingesetzt. Sie unterstützten die teilnehmenden Piloten auch bei der Planung und taktischen Durchführung ihrer Missionen. Geflogen wurde normalerweise täglich in drei Wellen am Vormittag, Nachmittag und in der Nacht. Das Übungsszenario begann mit einer Krisensituation, die zu einer vollständigen Kriegslage eskalierte und den Teilnehmern die Möglichkeit gab in Tages- und Nachteinsätzen trainiert zu werden. Die Übung zeichnet sich durch einen intensiven Rhythmus aus, welcher alle Fähigkeiten der Luftwaffen benötigt, um das hohe Tempo und die komplexen Anforderungen der Operationen zu bewältigen. Die Ergebnisse der geflogenen Missionen beeinflussten direkt den weiteren Verlauf der Übung und schafften so ein realistisches Umfeld, in dem die taktische Flexibilität der Besatzungen gefordert wurde. Jeder gewonnene oder verlorene Luftkampf am Morgen hatte direkte Auswirkung auf die Missionen am Nachtmittag. War der Vormittag erfolgreich, stiegen am Nachmittag geringfügig weniger feindliche Kräfte auf und umgekehrt. Die Waffenschule war hier für die Überwachung der Qualität des Trainings, der taktischen Relevanz der Aufgaben und der Ergebnisse verantwortlich.
Oberst Panidis blickt nun positiv in die Zukunft. Iniochos soll die wettbewerbsfähigste Übung in Europa und im Mittelmeerraum werden. Aus den Erfahrungen der nun durchgeführten Übungen ist es das Ziel der HAF, ein Ausbildungszentrum für verbündete Luftwaffen einzurichten, das in Zukunft viele andere Nationen anziehen soll. So sind auf griechischer Seite auch die Bestrebungen vorhanden die Basis Andravida weiter auszubauen. Dass alle Teilnehmer auf einem Flugplatz zusammengezogen werden, wird als großer Vorteil der Übung betrachtet. Das Konzept bringt hunderte Teilnehmer für Briefing- und Debriefing-Gespräche zusammen und maximiert so die Trainingsvorteile und fördert die Zusammenarbeit und den Austausch von Wissen und Ideen zwischen Teilnehmern mit unterschiedlicher Erfahrung. Größere Abstellflächen für die Flugzeuge, ein Ausbildungszentrum mit modernem Briefing- und Vorbereitungsräumen und Wartungshallen sind in Planung. ■
FliegerRevue 06/2018
■ Bilder & Text: Mathias Grägel / GME-AirFoto GbR März 2018