Das Flugplatzkommando 2 betreibt mit 169 Mitarbeitern die beiden in der Zentralschweiz (Alpnach) und in der Ostschweiz (Dübendorf) gelegenen Militärflugplätze. Am Vierwaldstätter See südlich von Luzern bildet Alpnach die Hauptbasis der Schweizer Armee im Lufttransportbereich. Ein breites Aufgabenspektrum u.a. mit Einsatz, Ausbildung, Training, Betrieb und Bereitstellung sowie Instandhaltung & -setzung der gesamten Helikopterflotte wird hier durch die Luftwaffe wahrgenommen. Sprichwörtlich wie ein Schweizer Uhrwerk erledigen die Frauen und Männer ihren Job mit ihren Super Puma / Cougar / TH06 und EC-635 in perfekter Manier.
Briefing für alle am Nachtflug beteiligten Crews Punkt 1700 lcl hallt die Stimme von Pilot Roger Suess, der von allen nur „Sweety“ genannt wird, durch das OC (Operation Center) des Militärflugplatzes Alpnach. Das OC ist Einsatzzentrale und Aufenthaltsraum zugleich für die rund 50 Piloten (Miliz- und Berufsmilitärpiloten) der beiden Lufttransportstaffeln 6 & 8 des Lufttransportgeschwaders 2. Als die Sonne an diesem traumhaft schönen Wintertag, mit bereits intensivem Flugbetrieb, gerade hinter den markanten Konturen des Pilatus verschwindet, haben sich 12 Crews pünktlich zum Nachtflugbriefing eingefunden. Dieses ist an jenem Abend Mitte Februar jedoch relativ kurz, das Meteo bietet unverändert ideale Flugbedingungen und auch sonstige Gegebenheiten haben keinen Einfluss auf die geplanten Aktivitäten. Wir treffen uns mit der „SAR – Crew“, bestehend aus zwei Piloten, Loadmaster und dem FLIR-Operator in einem kleinen Büroraum. An Bord des SAR – Puma T-311 werden wir zu einer rund 2-stündigen Trainingsmission aufbrechen und dabei die Suche nach vermissten Personen in einem Waldstück, die Verfolgung eines Zuges und die Überwachung „eines flüchtenden LKW´s“ mit dem FLIR (Forward Looking Infrared Radar) üben, sowie mit der Winch einen Sandsack über einem bestimmten Punkt absetzen. Das Szenario selbst ist simuliert, enthält jedoch alle typischen Aufgaben und Anforderungen die bei einer solchen Mission auftreten können. Seit 2006 hält die Luftwaffe an 24h/365 Tagen im Jahr einen Super Puma mit Wärmebildkamera (FLIR) bereit. Die Priorität liegt bei diesen SAR-Missionen auf der Suche nach vermissten Personen, wobei die Luftwaffe nur den Part der Suche übernimmt. Die Rettung selbst übernehmen die zivilen Spezialisten bspw. die REGA. Das SAR – Pikett ist wechselweise jeweils für eine Woche entweder in Alpnach, Payerne oder Dübendorf beheimatet. Daher ist zu Beginn einer jeden Bereitschaftswoche ein Trainingsflug unabdingbar. Nach 30 Minuten intensiver Flugplanung machen wir uns auf den Weg zum Puma, der für den Flug schon von der Bodenmannschaft bereitgestellt wurde. Auf der „Flight“ treffen wir nochmals Sweety, der uns im Vorbeigehen noch einen guten Flug wünscht und mit seinem Flugschüler zu einem Ausbildungsflug auf der EC635 startet. Bereits wenige Minuten nach dem Außencheck, dem Triebwerkstart und den letzten Checks im Cockpit heben wir ab, lassen Alpnach hinter uns und passieren das Lichtermeer von Luzern. Durch die geschlossene Schneedecke, die momentan über der ganzen Schweiz liegt und das Mondlicht reflektiert, ist es eine sehr helle Nacht. Mit dem bloßen Auge sind für uns Details wie Straßen oder Bergkonturen zu erkennen. Die Crew hat dank modernster Nachtsichtgeräte eine noch weit bessere Sicht. Pünktlich um 18:54 Uhr schwebt der Puma über dem Bahnhof Cham, aus dem gerade wie geplant ein Zug ausfährt. Ob die Fahrgäste, die den Zug beim nächsten Halt verlassen, ahnen, dass sie vom in gut 2000 ft über ihnen schwebenden Puma vom FLIR-Operateur auf dem Bildschirm genauestens beobachtet werden? Die drei Monitore erlauben die simultane Darstellung des Wärmebildes, des konventionellen TV Bildes und einer digitalen Karte (Moving Map), auf der mit Hilfe des GPS und eines digitalen Höhenmodells die Position des Helikopters sowie des beobachteten Ziels dargestellt wird. Der SAR-Dienst ist nur eine der Aufgaben, meist kommt das System subsidiär zum Einsatz bei Grenzüberwachung, Erkundung von Katastrophengebieten oder als bordgestützte Einsatzleitung zur als Unterstützung von Polizeiaktionen. „Das Wichtigste ist das perfekte Zusammenspiel zwischen Piloten und FLIR-Operateur“, erklärt uns Oberstleutnant Strecko Wicki. In einem zweiten Teil des Flugs ist der Loadmaster und gleichzeitig Operateur der Winch gefordert. Auf einer Lichtung an einem bewaldeten Berghang, eine vom Boden aus schwer zugängliche Stelle, muss die Crew mit der Seilwinde einen Sandsack absetzen. Als die Puma während des „Winchen´s“ wenige Meter über dem Hang schwebt sieht man beim Blick aus der offenen Tür die Umrisse von Tannenbäumen auf Augenhöhe zum Greifen nah. „Die Piloten sind in der Lage alle ihre Aufgaben sowohl bei Tag wie auch bei Nacht zu erledigen“, erklärt uns Sweety. Er ist wie alle Hubschrauberpiloten der Schweizer Luftwaffe berechtig beide Hubschraubertypen des Inventars zu fliegen. Des Weiteren sind die meisten Piloten auch auf dem PC-6 Porter ausgebildet, der für das Absetzen von Fallschirmspringern genutzt wird. Nach zwei Stunden sind wir mit dem Puma wieder im Anflug auf Alpnach. Die Landung erfolgt problemlos und nach der Übergabe der Maschine an die Bodencrew sowie einem De-Briefing geht ein langer Tag zu Ende. Bis auf Kleinigkeiten, die es immer zu verbessern gibt, war die Mission annähernd perfekt.
Bereits seit 1942 wird der Flugplatz in Alpnach militärisch genutzt. Über die Jahre waren Kampfjets wie Venom, Hunter, F-5 und die Hubschrauber Alouette II & III auf dem mit einer Kavernenanlage ausgerüsteten Flugplatz stationiert. Nach dem Abzug der letzten Tiger 1994 wurde er schrittweise zur Hauptbasis der Schweizer Armee im Lufttransportbereich umgebaut und ist heute einer der modernsten Flugplätze der Luftwaffe. Neben der Sanierung der bestehenden Hallen wird momentan ein weiterer Hangar errichtet, welcher zukünftig die Stationierung des Porter PC-6 ermöglicht. Alle Hallendächer wurden zusätzlich mit Fotovoltaikanlagen ausgerüstet welche ca. 80% des benötigten Energiebedarfes liefern. Das Betanken der Helikopter, Hot Refuelling, das Bereitstellen des Unfallpiketts und die Instandhaltung des Platzes sind die Aufgaben des Bereiches Support Flugbetrieb. Neben dieser und der skyguide bietet die RUAG 122 Mitarbeitern einen Arbeitsplatz in Alpnach. Der führende Schweizer Anbieter von technischen Dienstleistungen für Helikopter bietet die Instandhaltung, Reparaturen, Modifikationen und Engineering-Dienstleistungen an. Die Schweizer Luftwaffe ist Hauptkunde aber auch Helikopter diverser ausländischer Luftwaffen (NL, SLO) werden in Alpnach betreut. Mit insgesamt 16‘475 (2012) Flugbewegungen im Jahr ist Alpnach der in der Schweiz am stärksten frequentierteste Militärflugplatz.
Mehr als 55.000 Flugstunden hat die Flotte der 1987 beschafften Super Puma/Cougar/TH06 Flotte bislang geflogen. Diese hohe Zahl an Stunden ist unter anderem der intensiven und aufwendigen Wartung zu verdanken, die jeder Helikopter in einem fest hinterlegten Turnus erhalten hat. Nach 25, 50 und 100 Flugstunden müssen die Helikopter zur Inspektion. Diese wird in Alpnach durch die Mechaniker der Instandhaltungsgruppe (Bereich Support Flugbetrieb) durchgeführt, welche auch die technische Betreuung der EC635 Flotte übernimmt und als Lehrbetrieb für momentan 8 Auszubildende fungiert. Nach 27 Monaten oder 500 Flugstunden müssen die Helikopter einer großen Inspektion unterzogen werden, welche von der RUAG ebenfalls in Alpnach übernommen wird. Eng ist auch die Zusammenarbeit mit dem Hersteller beider Muster. Größere Instandsetzungen an Rotorblättern der Puma Flotte findet z.B. bei Eurocopter in Frankreich statt.
Da sich die Eidgenossenschaft aufgrund ihrer Neutralität keinem Bündnis anschließen darf, setzt sie umso mehr auf humanitäre Hilfe, bei der zu einem großen Teil auch die Helikopterflotte der Luftwaffe zum Einsatz kommt. Evakuierungsflüge gehören hierbei genauso zu den Aufgaben wie auch die Versorgung der notleidenden Bevölkerung mit Medikamenten und Nahrungsmitteln. 1999 war die Luftwaffe zum ersten Mal an Operationen im Ausland beteiligt. Bei der vier Monate dauernden Mission in Albanien, an der die Schweizer im Auftrag der UNHCR im Einsatz waren, wurden mehrere hundert Transport- und Evakuierungsflüge durchgeführt. Auch beim KFOR Einsatz im Kosovo, den UNHCR-Operationen in Sumatra und bei den EUFOR-Missionen in Bosnien, war und ist die Schweizer Luftwaffe mit ihren Piloten, Mechanikern und Stabsdienstsoldaten beteiligt. Bei den Kampagnen im Ausland sowie an Orten ohne die notwendige Logistik im Inland (z.B. WEF in Davos) kann die Schweizer Armee völlig autark operieren indem sie mobile Feldhangars nutzt von denen sie sechs Gesamtsysteme unterhält. Das Flugplatzkommando 2 in Alpnach plant, organisiert und koordiniert den Transport sowie den Auf- und Abbau der eingesetzten Hangars und des ebenfalls mobilen Kontrollposten „Mob LT Ei KP“ (Mobiler Lufttransport Einsatz Kontrollposten). Die LT Formationen sollen eine effiziente Einsatzplanung und -führung sowie die Kommunikation bei Einsätzen mit einer mobilen ortsunabhängigen Führungsinfrastruktur, welche innert kürzester Zeit zur Verfügung steht, sicherstellen können.
Es ist der Traumberuf für viele junge Menschen – der Arbeitsplatz im Cockpit von F-18 oder Puma als Berufsmilitärpilot. Den Grundstein für die Karriere bei der Luftwaffe legt das SPHAIR Programm mit einer umfassenden Berufseignungsabklärung im Hinblick auf die Berufspilotenausbildung. Die Zahl der Bewerber ist groß, aber nur diejenigen, die den hohen Ansprüchen gerecht werden haben eine Chance. Bevor jedoch mit der Ausbildung bei der Pilotenschule der Luftwaffe begonnen werden kann, müssen die jungen Rekruten SPHAIR abschließen, ihre Grund- und Offiziersausbildung zum Leutnant bestehen sowie eine fliegerischen Selektionen auf dem PC-7 erfolgreich absolvieren. In den nächsten fünfeinhalb Jahren wartet eine intensive und anstrengende Zeit auf die angehenden Piloten. In den ersten 3,5 Jahren folgt ein Studium „Bachelor of Science in Aviation“ an der Zürcher Hochschule in Winterthur. Parallel dazu steht die Verkehrspilotenausbildung an, die in einem zivilen ATPL + CPL endet. Erst danach geht es in der Pilotenschule mit der eigentlich militärischen, fliegerischen Ausbildung weiter. Die angehenden Helikopterpiloten sind hierfür für zwei Jahre bis zur Brevetierung in Alpnach um in zwei Phasen gegliedert auf der EC635 das Basic- und Advanced- Training zu absolvieren. Neben den Grundlagen des Helikopterfliegens sind der Lastentransport, die Windenrettung, der Instrumenten- und Nachtflug sowie taktisches Fliegen essentielle Bestandteile der Ausbildung. Große Aufmerksamkeit liegt auf dem Fliegen im Gebirge. Während unserem Besuch begleiteten wir eine Ausbildungsmission mit zwei EC635. Geübt wurden der taktische Formationsflug im Gebirge sowie mehrere Außenlandungen im verschneiten alpinen Gelände. Die Performance des Helikopters in großen Höhen und bei Hitze, Hindernisse wie Seilbahnen, mangelnde Orientierung durch den „Whiteout“ bei Außenlandungen im Schnee und vor allem das sich schnell wechselnde Wetter machen das Fliegen im Gebirge extrem anspruchsvoll.
Nicht nur die hervorragende Ausbildung auch die große Erfahrung, jeder Pilot fliegt zwischen 350-400 Stunden im Jahr, tragen dazu bei, dass die Luftwaffe auf eine hervorragende Lufttransportkapazität zurückgreifen kann. Auf einer modernen Basis agieren relativ wenige, aber gut ausgebildete Mitarbeiter mit bestem Equipment in mehreren Funktionen und sichern so die Mission Lufttransport in der Schweizer Luftwaffe. ▪
Ein ganz herzlicher Dank an die entsprechenden Beteiligten der Schweizer Luftwaffe, speziell dem Stab des Flugplatzkommando 2 in Alpnach, Dominik Stalder, Tarnutzer Werner, Roger Suess sowie dem Chef Kommunikation Luftwaffe Jürg Nussbaum für die Unterstützung bei der Realisierung diese Artikels.
Text: © Mathias Grägel
Bilder: © Mathias Grägel / GME-AirFoto Februar 2013