Die 6. Fighter Squadron der polnischen Luftwaffe war Gastgeber des NATO Tiger Meets 2018. Auf der Basis in Poznań-Krzesiny übten ca. 70 Kampfjets und Helikopter vom 14.05. bis 25.05.2018 die internationale Zusammenarbeit im Hinblick auf künftige multinationale Einsätze. Zum ersten Mal in der 58-jährigen Geschichte fand das NTM in einem Land des ehemaligen Warschauer Pakts statt. Die Luftwaffe beteiligte sich in diesem Jahr wieder mit einem großen Kontingent der beiden Tiger – Staffeln aus Neuburg und Schleswig.
In diesem Jahr lud die 6.eskadra lotnictwa taktycznego (6. Tactical Fighter Squadron) der polnischen Luftwaffe die NATO Tiger Staffeln vom 14.05. bis 25.05.2018 zu ihrem jährlichen Treffen auf ihre Heimatbasis nach Poznań-Krzesiny. Der Stützpunkt 31. Baza Lotnictwa Taktycznego (31st Tactical Aviation Base) ist Heimat von zwei mit Lockheed Martin F-16C/D BLK52 ausgerüsteten Staffeln 3. ELT & 6. ELT. Die polnischen Luftstreitkräfte feiern in diesem Jahr ihr 100-jähriges Bestehen und zum ersten mal fand das NTM in eimen Land des ehemaligen Warschauer Pakts statt. Die Abwicklung der umfassenden Organisation wird durch das jeweilige Gastland und von der gastgebenden Tigerstaffel durchgeführt. „Neben den geselligen Kontakten, die ein NTM nach langen Diensttagen abrundet und die Freundschaft zwischen den Nationen festigt, stehen in erster Linie operationelle Aspekte im Fokus der Übung“, meinte Oberstleutnant Arkadiusz Pietrczak, Staffelchef der 6. ELT und fügt hinzu: „In der Vorbereitung dieser großen Übung haben wir uns bemüht, auf die individuellen Bedürfnisse der verschiedenen Staffeln einzugehen. Bereits letztes Jahr, kurz nach dem NATO Tiger Meet in Landivisiau, haben wir in Arbeitsgruppen mit operationellen und logistischen Planungen begonnen. In mehreren Planungskonferenzen haben wir dann zusammen mit den teilnehmenden Staffeln die Inhalte dieser Hochwertübung festgelegt. Erster Schritt war jedoch, die entsprechenden Lufträume für die Übung zu reservieren, um genügend Platz für Luftkampf- und Luft-Boden-Szenarien von Jets und Hubschraubern zu haben.“ Aus 13 Nationen reisten die Teilnehmer an und es waren inklusive der Gastgeber gleich 22 Staffeln mit ca. 70 Kampfflugzeugen, Aufklärern, Hubschraubern und über 1200 Soldaten beteiligt. – NTM 2018 Teilnehmer – Aus Deutschland nahmen beide Tigerstaffeln der Luftwaffe, das TaktLwG 51 aus Schleswig – Jagel sowie das TaktLwG 74 aus Neuburg mit jeweils vier Tornado ECR und Eurofightern teil. Das TaktLwG 74 war mit 93, das gesamtdeutsche Kontingent mit 187 Soldaten und zivilen Mitarbeitern in Poznań.
Ihr Auftrag in diesen Tagen lautete: In einem Szenario werden diverse Typen von Luftfahrzeugen mit unterschiedlichen Aufgaben zusammen eingesetzt. Dazu gehören Jagdbomber, Jagdflugzeuge, Aufklärer ebenso wie Hubschrauber für bewaffnete Luftrettung und Frühwarnflugzeuge. Die Trainingsszenarien orientierten sich dabei an solchen, wie sie im echten Einsatz vorkommen können. Hauptsächlich Luftoperationen im Verbund, bei denen Jagd- und Jagdbomberkräfte Ziele am Boden simuliert angreifen und bei denen abgeschossene Besatzungen aus dem Feindesland zurückgeholt werden. Insgesamt wurden in den beiden Übungswochen bei ca. 1000 Missionen über 1200 Stunden geflogen. Für die komplexe Composite Air Operations (COMAO) Mission am Vormittag sowie die „Shadow Wave“ am Nachmittag bot das große Übungsgebiet im polnischen Luftraum ideale Bedingungen. Das morgendliche Szenario bei dem verbundene, sehr komplexe Luftkriegsoperationen mit bis zu 50 Jets geübt werden wird durch den Mission Commander geplant. Im Vordergrund steht vor allem die Planung und spätere Durchführung einer komplexen Mission mit großer Anzahl an Luftfahrtzeugen aller Art. Hinzu kamen Kampf- und Transporthubschrauber für fliegende Jägerleitoffiziere oder bewaffnete Luftrettung, ebenso Tanker und Frühwarnflugzeuge. Die äußerst reellen Szenarien orientierten sich dabei an solchen, wie sie sich im echten Einsatz abspielen. Jede Mission setzt eine mehrstündige Planung am Vortag voraus. Lernziel ist vor allem die gemeinsame Planung und spätere Durchführung dieser komplexen Mission mit großer Anzahl an Luftfahrtzeugen in verschiedenen Rollen in multinationalem Umfeld. Der große Vorteil ist hierbei, dass alle Teilnehmer vor und nach dem eigentlichen Flug am gleichen Ort versammelt sind, um die Briefings direkt zusammen auszuwerten und voneinander zu lernen. Bei der „Shadow Wave“ am Vormittag traten die einzelnen Staffeln nach individueller Absprache gegeneinander zu Luftkampfmanöver in kleineren Rahmen (2 vs. 2 oder 4 vs. 4) an. Bei diesen DACT (Dissimilar Air Combat Training) Missionen flogen unterschiedliche Flugzeugtypen gegeneinander, z.B. die niederländische F-16 bspw. gegen F-18 aus der Schweiz in einer 1 vs. 1 BMF-Mission. Jede Staffel hatte auch einen Doppelsitzer dabei, um so Piloten der anderen Nationen und Muster auch die Gelegenheit für gegenseitige Mitflüge im jeweils anderen Jet zu ermöglichen. Besonders die große Zahl von bodengebundenen Luftabwehrsystemen, wie SA-6, SA-8 und SA-10, erzeugten diesmal für die fliegenden Besatzungen sehr realitätsnahe Bedingungen. Das bot den deutschen ECR-Tornados des TaktLwG 51 „Immelmann“, die während des NTM18 nur in der SEAD-Rolle (Supression of Enemy Air Defences) gegen bodengestützte Luftabwehrraketen eingesetzt waren, besondere Möglichkeiten, ihre Fähigkeiten bei der Identifizierung und der simulierten Bekämpfung von Feuerleitradarsystemen unter Beweis zu stellen. „Was die Polen hier organisiert haben, ist schon beachtlich. So viele Live-Systeme habe ich bisher auf keiner Übung gesehen. Für uns in der SEAD-Rolle ist hier einiges geboten. Wir haben vor Ort die Möglichkeit, die Integration neuer Systeme des Tornados im taktischen Umfeld auszuprobieren und zu verifizieren,“ erklärt Oberstleutnant Markus D., Tornado-Pilot und Staffelkapitän beim TaktLwG 51 „Immelmann“. In Poznań war er Kommandoführer für den Anteil Tornado.
Das NTM ist eine der qualitativ hochwertigsten Übungen in Europa. Beim NTM wird die nationenübergreifende Zusammenarbeit zwischen fliegenden Staffeln gestärkt. „Die vielen Flugzeuge unterschiedlicher Muster und die Rahmenbedingungen hier in Polen ermöglichen uns Abläufe zu trainieren, die wir zuhause nicht darstellen können“, stellt Kontingentführer der Bavarian Tigers Major Dominique Gentzsch zufrieden fest. Als Staffelkapitän der Neuburger Eurofighter-Piloten weiß er, wovon er spricht. Mehrfach steigt er auch selbst ins Cockpit. Missionsplanung, -durchführung und -auswertung findet auf höchstem Niveau statt und nutzt modernste Planungs- und Debriefing Tools. Hinzu kommt der soziale Aspekt, denn zwischen den Staffeln aus verschiedenen Ländern gibt es über Jahre gewachsene persönliche Kontakte, die jedes Jahr wieder aufgefrischt werden. Die Auszeichnung für die beste Gesamtleistung, die Silver Tiger Trophy, gewann heuer die 313. Staffel mit ihren F-16 aus den Niederlanden. Der Preis für die schönste Lackierung ging bereits zum zweiten mal nach Bayern an die Bavarian Tigers des TaktLwG 74. Im nächsten Jahr wird das NTM nach 2017 erneut in Frankreich auf der Basis in Mont-de-Marsan stattfinden und in 2020 geht es nach aktueller Planung nach Portugal auf die Basis Beja. ■
Tiger – Tiger – Tiger!!!
Das TaktLwG 74 gestaltete für das NTM in Poznań einen Eurofighter in einem spektakulärem Tigerdesign. Der Eurofighter 31+00 (GS077) präsentierte sich in Polen als „Ghost Tiger“. Am 16. April absolvierte der Jet seinen Erstflug im neuen Design auf der Luftwaffenbasis Neuburg. In mehreren Tagen wurde der Eurofighter vor Ort von der Neuburger Firma Hamm Design mit Folie beklebt. Das Design stammt von Alexander Breunig, der erklärte: „Inspiriert worden bin ich durch einen Nebelgeist, der zu Halloween im Fernsehen zu sehen war – und die Farbe Grün ist seit einigen Jahren bei den Bavarian Tigers gesetzt“. Auf der Finne des Eurofighters fletscht ein Tiger mit roten Augen seine Zähne. Passend, denn ein Tiger steht symbolisch für Kampfkraft, Stärke, Schnelligkeit und Jagdgeschick. Attribute, die für das Tiger Meet, eine der bekanntesten Hochwertübungen für NATO und Partnerländer, gefordert sind. Dort gewann er auch den Preis „Best painted Aircraft Award“ für die schönste Lackierung beim Tiger Meet. Zuvor war der Ghost Tiger bereits als Publikumsmagnet auf der ILA in Berlin, der Airshow in Radom und später auch beim Tag der Bundeswehr sowohl am Boden wie in der Luft zu sehen. Mitte Oktober 2018 wurde die Folie in Neuburg wieder entfernt, da die 31+00 zur Inspektion ins EKZ bei Airbus in Manching ging. Die Anlieferung (15.10.2018) folgte hier im normalen, grauen Tarnanstrich.
FliegerRevue 06/2018
■ Bilder & Text: Mathias Grägel / GME-AirFoto GbR Mai 2018